Texoversum
Neubau für den Arbeitgeberverband Südwesttextil, Reutlingen
Fotos: © Brigida Gonzalez
Visualisierungen: © Allmann Sattler Wappner Architekten, Menges Scheffler Architekten; Jan Knippers Ingenieure
video by 9 sekunden | Quelle: Vimeo
Auf dem Campus der Hochschule Reutlingen entsteht das Texoversum, ein Lehr-, Forschungsund Innovationszentrum für die Querschnittstechnologie Textil. Als Teil eines Ensembles wird der Neubau im Rahmen des Masterplanes für die Erweiterung des Campus Reutlingen entwickelt und umgesetzt.
Das Texoversum setzt sich als kraftvoller und gleichzeitig kommunikativer Baustein in das städtebauliche Gefüge der Hochschule. Allmann Sattler Wappner Architekten, Menges Scheffler Architekten und Jan Knippers Ingenieure sind als Team für den Entwurf verantwortlich. Sie wurden im Gutachterverfahren mit dem ersten Preis ausgezeichnet und anschließend mit der Realisierung beauftragt. Das Texoversum umfasst fast 3.000 Quadratmeter Fläche für unterschiedliche Nutzergruppen. Es beinhaltet Werkstätten, Labore, die international renommierte Sammlung historischer Stoff- und Gewebeproben der Hochschule Reutlingen, multifunktionelle Flächen für Forschung und Entwicklung sowie diverse Unterrichtsräume. Das architektonische Konzept basiert auf einer vielfältigen Auseinandersetzung mit dem Thema textiles Bauen. So spiegelt sich das Entwurfsthema sowohl strukturell in der internen Verwebung der Funktionen wieder, als auch in der indentitätsstiftenden repräsentativen Gebäudehülle. Die einzigartige, erstmalig so umgesetzte Fassade aus Kohlenstoff- und Glasfasern repräsentiert die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit faserbasierter Werkstoffe und textiler Techniken. In einem an den Instituten von Achim Menges (ICD) und Jan Knippers (ITKE) der Universität Stuttgart entwickelten, robotischen Wickelprozess kann jedes einzelne Fassadenelement individuell an die Erfordernisse der Nutzung angepasst werden. Ausgehend von drei Basismodulen transformieren sich die Elemente entsprechend dem Sonnenverlauf und bilden ein einzigartiges, vielschichtiges Erscheinungsbild. Die Elemente sind komplett selbsttragend und benötigen keine unterstützende Tragstruktur. Ihre versetzte Anordnung erlaubt freie Durchblicke. Neben funktionalen Anforderungen der Absturzsicherung und des außenliegenden Sonnenschutzes erfüllt die Fassade ästhetische und repräsentative Ansprüche und schafft ein identitätsstiftendes Gebäude als Impulsgeber für die Technologie Textil.
Das Entwurfsthema Durchlässigkeit und Vernetzung setzt sich in der Konzeption des Baukörpers fort. In der inneren Struktur ist das Texoversum als offenes, transparentes Gebäude mit Split-Leveln gestaltet. Die halbgeschossig versetzten Ebenen, die über das Atrium auch visuell miteinander verwoben sind, verbinden die unterschiedlichen Nutzungsbereiche miteinander und bilden ein räumliches Kontinuum, das in einer großzügigen Dachterrasse seinen Abschluss findet. Die einzelnen Ebenen sind in ihrem Erscheinungsbild geprägt von einem robusten Werkstattcharakter mit robusten Industrieestrich- und Sichtbetonflächen sowie offen installierten Technikdecken. Als verbindende Elemente zwischen den Ebenen fungieren die als textile Räume gestalteten Sitzstufen. Einzelne Bereiche können bei Bedarf flexibel über Vorhänge abgetrennt werden. Das offene Raumkonzept schafft für die unterschiedlichen Nutzergruppen eine gemeinschaftliche Arbeitsatmosphäre, fördert die Kommunikation und bietet Plattformen für einen lebendigen Austausch.
Der erstmalige Einsatz der kernlosen Faserwickeltechnik in einer permanenten Struktur stellt hohe Anforderungen an die Standsicherheit, die Dauerhaftigkeit und den Brandschutz, die auch in einem entsprechenden Genehmigungsprozess mit einer Zustimmung im Einzelfall nachgewiesen werden mussten. Der Prozess umfasste die Prüfung von Kleinkörpern zur Bestimmung der wichtigsten mechanischen Eigenschaften für das statische Simulationsmodell sowie die Prüfung, Berechnung und Validierung von 1:1 Großbauteilen. Hierfür wurden Fassadenelementen im Maßstab 1:1 hergestellt und auf einer maßgeschneiderten Vorrichtung geprüft. Ein globales FE Modell der Fassade wurde schließlich zur Validierung des gesamten Systems entwickelt, sowie um die Kräfte in den Verbindungen zwischen den Zellen und der Konsolen für den Anschluss zum Rohbau zu ermitteln.
Das Texoversum wurde mit einer von zwei Auszeichnungen des Deutschen Hoschulbaupreises 2024 ausgezeichnet. Der Deutsche Hochschulbaupreis wird von der Deutschen Universitätsstiftung unter der Schirmherrschaft des Bundesbauministeriums ausgelobt und alle zwei Jahre vergeben.
Fertigstellung
2023
PROJEKT PARTNER
Bauherr
Südwesttextil e.V., Stuttgart
Wettbewerb und Konzept 1.Preis, 2019
Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH, München
Menges Scheffler Architekten PartG mbh, Frankfurt
Jan Knippers Ingenieure, Stuttgart
Generalplanung, Objektplanung
Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH, München
Objektplanung Faserverbund Fassade
Menges Scheffler Architekten PartG mbh, Frankfurt
Tragwerksplanung Faserverbund Fassade
Jan Knippers Ingenieure, Stuttgart
Zustimmung im Einzelfall Faserverbund Fassade
Prof. Thomas Ummenhofer, Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine, KIT, Karlsruhe
Herstellung und Montage Faserverbund Fassade
FibR GmbH, Kernen
Tragwerksplanung Rohbau
bwp Burggraf + Reiminger Beratende Ingenieure GmbH, München
Projektsteuerung
Kubus360 GmbH, Stuttgart
Landschaftsplanung
Glück Landschaftsarchitektur GmbH, Stuttgart
Brandschutz
hhpberlin, Ingenieure für Brandschutz GmbH, Munich
Bauphysik
Müller-BBM Building Solutions GmbH, Planegg
TGA Planung
drei ingenieure Brunner Zauner–Beratende Ingenieure PartG mbB, Stuttgart
Elektroplanung
Müller & Bleher, Filderstadt GmbH & Co. KG